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KIWANIS-Forum 2024

Demokratie als Überlebensstrategie: Vortrag von Dr. Ian-Tsing Joseph Dieu beim Kiwanis Forum

Zum 6. Kiwanis Forum lud der Kiwanis Club Bad Aibling - Via Julia seine Mitglieder, Freunde und Sponsoren ein. Den Schwerpunkt des Forums bildete der Vortrag von Prof. Dr. Ian-Tsing Joseph Dieu mit dem Thema „Die Entwicklung von Demokratie und Wirtschaft in Taiwan - Resilienz und Nachhaltigkeit“. Der Referent ist Generaldirektor der Taipeh-Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland (Büro München).

Er gab zunächst einen Überblick über die geografische Lage und die Wirtschafts-Eckdaten des dicht besiedelten, 23,5 Mio. Einwohner zählenden Landes, das auch „Waisenkind Asiens“ genannt wird. Er zog ferner einen Vergleich zwischen der militärischen Stärke Chinas und Taiwans und erläuterte auch die kulturellen Unterschiede zum Nachbarland. Während in China im Zuge der Kulturrevolution in den 1960er Jahren die Tradition zerstört worden sei, habe sich Taiwan von der Diktatur zur „Demokratie als Überlebensstrategie“ entwickelt. 

Des Weiteren schilderte er die Geschichte Taiwans vor dem Hintergrund der 50 Jahre andauernden Besetzung durch Japan (1895 bis 1945) und des chinesischen Bürgerkriegs in der Zeit von 1927 bis 1949, als Chiang Kai-Shek vor den Kommunisten vom Festland auf die Insel floh und das Land als „Ein-Parteien“-Regime gründete. Nach dem bis 1987 geltenden Kriegsrecht begann die schrittweise Demokratisierung, die 1996 in die erste freie Präsidentschaftswahl gipfelte. Im gleichen Jahr gab es in der Taiwan-Straße erste Konfrontationen mit China, das nach wie vor seinen Machtanspruch auf Taiwan erhebt. „Was passiert, wenn China genügend militärische Kapazität angesammelt hat, um Taiwan anzugreifen?“ - diese Frage stellte der Redner in den Raum. 

Als Gründe für die Stabilität seines Landes nannte er fünf Pfeiler: Die Rechtsstaatlichkeit nach dem Vorbild der Weimarer Verfassung, die soziale Sicherheit (u. a. mit einer allgemeinen Krankenversicherung nach dem Vorbild Deutschlands), die von Schweizer Missionaren aufgebaute Berufsausbildung, die Vergangenheitsbewältigung (u. a. mit einem Zusammenarbeitsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland) und die wirtschaftliche Freiheit und Innovation. Prof. Dieu erwähnte auch das 2010 vereinbarte Wirtschaftsabkommen mit China, das aber nach Studentenprotesten („Sonnenblumenbewegung“) wieder annulliert wurde. „Das war ein Wettstreit zwischen Demokratie und Autokratie“ erklärte der Vortragende, der als Basis des seit 1980 anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs die Halbleiter-Industrie mit dem Marktführer TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing) nannte. Dieser dominierende Industriezweig habe sich aus dem sog. „Moore’s Law“ entwickelt. „Die Gründe für unser wirtschaftliches Wachstum sind Vernunft und Freiheit, unser Erfolg hält an und wir möchten unsere Freiheit von Generation zu Generation verteidigen“ stellte Prof. Dieu abschließend fest und fügte hinzu: „Wir leben friedlich und essen gern. Wir begrüßen uns nicht mit „Wie geht es Ihnen?“, sondern mit „Haben Sie heute schon gegessen?“. 

Der Taiwan-Repräsentant beantwortete im Anschluss an seinen vielbeklatschten Vortrag auch bereitwillig Fragen aus dem Publikum, unter dem sich u. a. der Landtagsabgeordnete Sebastian Friesinger, „Hausherr“ Dr. Erich Prinz von Lobkowicz, Aiblings Bürgermeister Stephan Schlier, der Bruckmühler Altbürgermeister Franz Heinritzi sowie Vertreter von Kommunen und Schulen befanden. Eröffnet hatte die Veranstaltung im vollen Saal der „Schlosswirtschaft Maxlrain“ Kiwanis-Präsident Christoph Lohr, der „trotz der friedlichen Bilder“ auf den seit 70 Jahren währenden Dauerkonflikt zwischen Taiwan und China hinwies und Taiwan als „den am meisten bedrohten Staat der Welt“ bezeichnete. Zudem hob er die immense Bedeutung des Inselstaates für die Weltwirtschaft hervor. 

(Text: Johann Baumann)




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